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15 Januar 2018

Der Karneval von Putignano

Ich trage den Karneval von Putignano in meinem Herzen, da ich in der Karnevalszeit geboren wurde.

Ab dem 26. Dezember, am Tag des Heiligen Stephan, beginnt in Putignano der längste Karneval Italiens und einer der ältesten Europas.

Es reihen sich Momente puren Spaßes und Satire aneinander, Prozessionen und Paraden in einer anhaltenden Verschmelzung des Heiligen und des Weltlichen.

„Papa, Oma hat mir erzählt, dass sie, als sie jung war, auf den Karnevalsfeiern getanzt hat“.

Laura lacht, was den Hut, den ich ihr gebastelt habe, dazu veranlasst von ihrem Kopf zu rutschen. „Sie hat mir erzählt, dass sie an diesen Feiern richtig viel Spaß hatte und sie sogar dorthin gegangen ist, als sie schwanger war. Stimmt das?“

„Deshalb tanze ich so gern, Oma hat mit mir im Bauch bis in den neunten Schwangerschaftsmonat hinein getanzt; ich wurde im Februar geboren, erinnerst du dich?“

Meine Tochter sieht mich amüsiert und überrascht an, und ich kann nachvollziehen, dass es schwer ist, sich vorzustellen, wie ihre Großmutter mit einem dicken Bauch tanzt.

Ich mag Karneval und ich habe mich immer gerne als Farinella verkleidet.

„Papa, die Maske des Farinella ist so schön. Ich habe die Fotos gesehen, die du aufbewahrst, warst du so alt wie ich?“.

„Ja, Laura. Wolltest du deshalb, dass ich den Hut für dich mache?“.

Sie lächelt verlegen und ich drücke sie an mich und rieche an dem Vanilleduft, den sie an ihrem Hals auflegt.

Farinella ist die typische Karnevalsmaske von Putignano, deren Name auf das traditionelle Gericht von Putignano zurückzuführen ist: Mehl (farina auf Italienisch) aus Kichererbsen und Gerste, geröstet und in Mörsern zerstoßen, um es sehr fein zu mahlen. Ein Lebensmittel, das früher typischerweise in den Bauernfamilien gegessen wurde.

„Papa, warum hat sein Hut drei Zipfel mit Glocken?“, fragt sie mich neugierig.

Und ich erzähle ihr, dass er eine Verschmelzung zwischen der Maske des Harlekins und des Jokers darstellt, mit einem roten und blauen „Rock“, in den Farben der Stadt, und dem Hut mit drei Zipfeln, der die Hügel symbolisiert, auf denen sie steht.

Ich habe Spaß, denn ich habe das Gefühl die Zeit erneut zu durchleben, in der ich der närrischste Farinella des Karnevalumzugs war.

„Die Lehrerin sagte, dass in diesem Jahr mehr Menschen erwartet würden“.

Sie schreit und kann vor Aufregung nicht still stehen.

Ja, beim Karneval von Putignano kommen Tausende von Besuchern aus ganz Italien und aus dem Ausland, und nicht nur, um die Schönheit der Festwagen zu bewundern, wahre Kunstwerke, von hervorragenden Pappmaché-Künstlern hergestellt.

 

„Weißt du, dass die Puppen der Wagen vor vielen Jahren nur aus Stroh und Lumpen hergestellt wurden?“, frage ich sie.

„Ja, wir haben gelernt, dass alles im Jahre 1394 begann, zur Zeit der Sarazenenangriffe. Als die Reliquien des Heiligen Stephan am 26. Dezember hierher gebracht wurden, um die Festa delle Propaggini zu feiern, hörten die Bauern auf zu arbeiten, schlossen sich der heiligen Prozession an und während sie tanzten und sangen, improvisierten sie satirische Verse im lokalen Dialekt“.

„Sehr gut!“.

Bis zum Faschingsdienstag, dem Tag an dem der Karneval zu Grabe getragen wird, ist die Atmosphäre in der Stadt ein reines Vergnügen, mit den Straßen voller Konfetti, einem mit den Händen greifbarem Symbol der Freude.

 

Der Karneval in Putignano lässt die Pappmaché-Kunst wiederaufleben, die in den fünfziger Jahren ihren Höhepunkt erreicht hat, als man damals von einem mit Zeitungspapier bedeckten Drahtrahmen, auf das Hinzufügen von Ton übergegangen ist. Heute erlauben es moderne Techniken, gepaart mit traditionellem Handwerk, fantastische, berühmten Persönlichkeiten ähnelnde, Karnevalsfiguren herzustellen, um diese damit auf die Schippe zu nehmen. Dazu werden sie mit raffinierten Maschinen ausgestattet und können spontane Bewegungen ausführen.

„Papa beeil dich, die erste maskierte Gruppe kommt schon! Hörst du die Musik?“. Und sie rennt los auf den Balkon, um glücklich und stolz ihr Karnevalskostüm zu zeigen.

Ich würde sie gerne umarmen und fest an mich ziehen, aber es ist an der Zeit, dass sie in der lärmenden Menge Spaß hat und ihren eigenen Karneval erlebt. Wir alle sollten mit Konfetti und Lächeln um uns werfen.

 

Besonderer Dank geht an Antonio und Roberto Tartaglione-Fotografen

Kategorie: Festivals